Gastlichkeit im Berwanger Hof in Obermaiselstein
©Berwanger Hof
Eine Küchenparty mit vier Sternen im Berwanger Hof.

Tradition. Gastlichkeit.

Berwanger Hof in Obermaiselstein


Oma Kathi hat in der Badewanne geschlafen. Oder im Heu. Damals, 1948, bedeutete Gäste im Allgäu aufzunehmen, oftmals, zeitweilig auszuziehen. Denn die Gästezimmer waren die eigenen Gaden und Stuben, und dann schlief man eben so lange im Heu. Heute mag das romantisch klingen, aber es war nicht immer einfach und nicht jedermanns Sache. Großvater Franz-Fidel hat sein Tagwerk lieber ohne viel Leute erledigt. Doch das war mit Oma Kathi nicht möglich.
Oma Kathi muss man sich wie eine Sonne vorstellen – niemand entkam ihrer Anziehungskraft. Die Menschen scharten sich um sie, respektive um ihren Küchentisch. „In mehreren Reihen haben die Leute aus dem Dorf und die Gäste in der Küche gesessen“, erinnert sich Conny Berwanger, ihre Enkelin.

Conny führt jetzt den Berwanger Hof in dritter Generation. Und bis auf die Tatsache, dass „der Berwanger“ mittlerweile 42 Zimmer in verschiedenen Häusern, 40 Mitarbeiter, mindestens sieben Hauptgerichte im à la carte Restaurant und ein halbes Dutzend Spa-Treatments anbietet und vier Sterne im Logo führt, hat sich nicht viel geändert: Die besten Partys finden immer noch in der Küche statt.

Gastlichkeit. Eine Frage der DNA

Bei den Berwangers kommt bei allen das Gastro-Gen durch; die komplette Verwandtschaft ist und war irgendwie mit der Gastronomie und der Gastbeherbergung verbunden. In erster Linie sind sie mit den Gästen verbunden. „Wenn Leben im Haus ist, das ist das Beste“ sagt Conny und ihre Augen strahlen, auch wenn „Leben“ dann Arbeiten bedeutet. Ein volles Haus bedeutet lange zu arbeiten: Die Zeit bei ihren Gästen ist ihr heilig, aber an jeder Minute „Huigarte“ am Tag, klebt die Büroarbeit der Nacht am Ende dran. Tochter Anna rollt ein wenig mit den Augen, als sie erzählt, dass sie oft weit nach Mitternacht die Mama mit sanftem Druck vom Schreibtisch ins Bett komplimentieren musste. Gleichzeitig schichtet sie aber (obwohl sie eigentlich ein freies Wochenende vom Studium hat) die Macarons für die Küchenparty zu einer beeindruckenden Pyramide – die Dessert-Auswahl ist exzellent. Gastro-Gen eben, auch wenn das Studienfach Architektur heißt.
 

Gut gewachsen

Der Berwanger Hof in Obermaiselstein ist ein Haus, das Stück für Stück gewachsen ist. Es ist aus der Familie heraus gewachsen. Es wuchs mit den Ambitionen, aber auch mit der Erfahrung und der Leistungsfähigkeit. Es wuchs der Familie nie über den Kopf, und auch Stammgäste, die seit Jahrzehnten hierherkommen, fühlten sich nach einem Umbau nie fremd; es blieb stets „ihr“ Berwanger Hof.

Jedes Jahr wurde umgestaltet, renoviert, erweitert. Treibende Kraft dahinter und kraftvolle Hand bei jeder dafür nötigen Arbeit war und ist Helmut Berwanger, der Seniorchef. Wieviel Arbeit es war, zeigt sich schon am Grundriss. Der Gaden, also das Elterngemach, in dem Oma Kathi ihren ersten Sohn Helmut zur Welt bringt, fasst heute das Frühstücksbuffet des Hotels. Wo bis Ende der 1970er Jahre noch ein Bauernhaus mit Scheune und Stall standen, reihen sich jetzt elegante Zimmer, Küche, Bar, Lobby und Restaurants, darunter eine Tiefgarage, daneben ein Spa-Bereich mit Pool, ein Anbau mit Suiten, in der Nachbarschaft steht ein schmuckes Gästehaus. Viel von dem, was in gut vier Jahrzehnten an Grundriss dazugekommen ist, hat Helmut Berwanger nicht nur selbst beauftragt, sondern auch selbst ausgehoben, hochgemauert, eingegossen und verdübelt. Das Haus zog seine Kreise immer weiter und doch: an die alten Apfelbäume vor der Terrasse wurde nicht gerührt und auch die Lieblingsbank seiner Mutter Kathi hat ihren Platz behalten - Blick auf den Besler, Blick auf den Ort, nicht außer Rufweite der Gäste.

"Die Umbau-Liebe hab ich vom Papa. Ich mag es, wenn wir mit unseren Handwerkern aus der Region für eine Ecke des Hauses eine neue Gestaltung finden – noch schöner, noch typischer“, gesteht Conny Berwanger. Auch das hat sie vom Vater: Bauen heißt nicht zwangsläufig größer werden, aber unbedingt besser. 

In einer Suite des Haupthauses schaltet man das Licht an Drehschaltern aus Bakelit ein. Bakelit passe besser zum Holz, erklärt Conny. Das besagte Holz bildet eine Bohlenwand. Die ist krumm und stellenweise glatt gegriffen, hat Kerben, Sprünge und ausgebrochene Astlöcher und trotz sorgfältiger Reinigung sieht man ihr das Alter an – darf ihr das Alter ansehen. Das Holz ist 1842 im Berwanger Hof verbaut worden, als Wand der „Fehlakamer“, dem Mädchenzimmer. Schade, dass die vielen kleinen Geheimnisse, die gemurmelten Träume und das kichernde Getuschel der Mädels, die hier generationenlang schliefen so sicher verborgen bleiben in den Fasern des alten Holzes. Ein wenig neugierig wär´ man ja schon.

Oma Kathi und das Maß der Zuwendung

Oma Kathi, die mit der solaren Anziehungskraft, hat als zugewandte Gastgeberin zweifellos Maßstäbe gesetzt. In den 50er Jahren hatte das Haus schon etliche „Fremdenzimmer“, viele Stammgäste mieteten gerade wegen der familiären Note bei Berwangers. Nach langen, lustigen und oft beprosteten Abenden am Küchentisch stellte sich Oma Kathi mit einem Tablett Stamperl an den Treppenaufgang. Dort verabschiedete sie alle Gäste einzeln mit einem „Gott befohlen, zum Wohle!“ in die Nacht. Heute buchen die Gäste wegen der Küche, des Spas oder der herrlichen Lage, aber sie suchen auch das familiäre Gespräch. “Vom Röntgenbild über Scheidungstipps bis zur Immobilienbewertung kam alles schon auf den Tisch” erzählt Conny und hat volles Verständnis dafür: "Was einem am Herzen liegt oder auf den Magen drückt, muss man doch irgendwo loswerden können. Hier geht das!" Das ist wieder die Zuwendung, die sich in keinem Sterne-Kriterien-Katalog findet, und die kein Bewertungs-Portal abfragt. Dabei ist es dieses Gastgeber-Gen, das den Unterschied ausmacht. Man sieht es nicht, hört es nicht, aber man spürt es. Bis heute.

Die besten Partys…

Wieso veranstaltet ein Sterne-Haus eine Küchenparty? Eigentlich sind es die Gäste ja eher gewohnt, elegant und aufmerksam am Tisch bedient zu werden. Sich den Teller selbst in der Küche zu füllen, das könnte schnell den Eindruck von Kantine erwecken. Tut es aber nicht, denn eine Berwanger-Küchenparty ist ein Ereignis der Spitzenklasse. Erlesene Speisen, die Atmosphäre einer großen, edelstahlglänzenden Gastro-Küche, in der der gewählte Gang mit der Leichtigkeit einer langgeübten Choreographie zwischen den Chefs de Partie auf den Teller kommt. Die eleganten Handgriffe, das rasante Tempo, züngelnde Flammen an zischender Pfanne, simmernder Duft aus riesigen Töpfen, es klappert und dampft, Aperitif wird gereicht, hinten würzt ein Trio mit Gitarre und Harmonika die Stimmung mit zünftiger Musik – man möchte essen, trinken, tanzen, am liebsten alles gleichzeitig! Conny schafft das. Sie ist mittendrin, lachend, leuchtend. Scheinbar überall gleichzeitig und mit hellseherischer Fähigkeit ausgestattet, findet sie für jeden Gast den richtigen Scherz, empfiehlt die passende Spezialität, bringt Grüppchen zusammen, die sich dann auf Anhieb verstehen. Und nebenher räumt sie ein paar leergegessene Teller beiseite, rückt den Lavendeltopf etwas nach vorn und zupft einem Kissen das eingedrückte Ohr in Form. Sie ist in ihrem Element. 

Eine Küchenparty ist außerdem die perfekte Bühne, um das normalerweise „unsichtbare“ Küchenteam in den Mittelpunkt zu rücken. Dabei geht es ganz bewusst nicht um ein klassisches Cooking & Watching, bei dem das Team unter ständiger Beobachtung steht und zusätzlichen Stress hat. Stattdessen bietet eine Küchenparty die Möglichkeit, dass die Menschen hinter den Kulissen einmal ins Rampenlicht treten. Gäste können miterleben, wie die Gerichte entstehen, sie gewinnen einen Einblick in die Leidenschaft und das Können des Teams und es entsteht eine lockere Stimmung, in der die Arbeit der Küche gewürdigt wird – ohne Druck, dafür mit viel Geschmack. Und wenn man ehrlich ist: Die besten Partys fanden immer in der Küche statt!

Entschleunigen mit Alpenkräutern im Berwanger Hof in Obermaiselstein
©Berwanger Hof

Entschleunigen mit Petersilie

Der Berwanger Hof hat sich der Wellness und einer naturnahen Erholung verschrieben – seit einiger Zeit kann man dafür der Petersilie beim Wachsen zuschauen. Zugegeben, ein kleiner Spaß, aber einer mit einem ernst gemeinten, sehr leckeren Hintergrund. Der Glaspavillon des Spa-Bereichs hat nämlich ein Flachdach, das sich hervorragend zur Begrünung eignet und zudem ganz in der Nähe der Küche liegt. Warum also Ziersträucher pflanzen, wenn hier frische Küchenkräuter gedeihen können? Gesagt, getan: Jetzt wachsen Petersilie, Thymian und Co., immer griffbereit für die Küche.

Und als kleines „Güezle“ wurde eine Webcam auf den Kräutergarten gerichtet. Während die anderen Webcams die zauberhafte Umgebung und das Bergpanorama einfangen, zeigt diese Kamera, wie die Kräuter wachsen; mit dem eingebetteten Obermaiselstein als Hintergrund – viel mehr Entschleunigung geht wirklich nicht. Oma Kathi hätte es aber vermutlich nicht lange ausgehalten, sondern wär´ gleich wieder in der Küche verschwunden. Am Tisch warten ja die Gäste.

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