Stefanie Kiebler, 22.06.2022
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Sennerin auf Zeit - Alpe Ornach Tag 3

An meinem dritten Tag hier auf der Alpe Ornach dreht sich alles um das Herzstück – den Käse.

Senn Erwin zeigt mir heute den gesamten Herstellungsprozess von der Milch bis zum fertigen Käse.

Über das Käsen habe ich vor meiner Zeit auf der Alpe schon ein bisschen was gehört – dachte ich zumindest. Mein Wissensstand war ungefähr folgender: Es gibt irgendetwas, das Lab heißt und wenn man das zur Milch gibt, entsteht Käse. Im Nachhinein ziemlich naiv, aber von Anfang: Der Wecker klingelt – wie jeden Tag – um 4 Uhr. Ob ich mich in den sechs Tagen hier daran gewöhnen werde, weiß ich noch nicht. Heute ist es auf jeden Fall immer noch verdammt früh für mich. Bevor das Käsemachen starten kann, muss zuerst der gestrige Käse in sein zweitägiges Salzbad. Danach geht‘s zum Küheholen - schließlich wird noch die Milch des heutigen morgens gebraucht, um mit dem Käsen starten zu können.
 

Der Herstellungsprozess

Um 7:15 Uhr kann‘s dann losgehen. Die Milch von gestern Abend und heute Morgen ist im Käsekessel, zwei Kulturen sind bereits drin, bevor jetzt das Lab dazu kommt. Danach heißt es erst einmal warten und gemeinsam auf der Terrasse frühstücken. Sobald die Milch fest genug ist, wird sie mit der Harfe – einer Art „Schneidesieb“ geschnitten. Im Fachjargon: Stangen schneiden. Dadurch trennt sich flüssig von fest – also die Molke vom Käsebruch. Die Grundlage für den späteren Käse. Es folgt das Stangenüberziehen. Mich erinnert das ein wenig an Kuchen backen. Man hebt die Stangen quasi unter, um die unteren nach oben zu bekommen. Da die Stangen jetzt noch zu groß sind, rührt Senn Erwin das Käse-Molke-Gemisch weitere zehn Minuten mit der Harfe bis sie die Größe von einem Weizenkorn haben. Ich darf mich auch mal versuchen – ganz schön anstrengend auf Dauer und die Technik habe ich auch noch nicht so ganz raus. Aber Erwin ist zufrieden mit mir.

Das mit Käse gefüllte Tuch muss in die Formen gepresst werden.
©Tourismus Hörnerdörfer

Das Käsetuch

Nun wird dem Käse ordentlich eingeheizt. Sobald er die passende Temperatur erreicht hat, wird der Käse mit einem sogenannten Käsetuch ausgehoben. Durch das feinmaschige Leinentuch bleibt alles da wo es sein soll - die Molke im Kessel und der Käse im Tuch. Das mit Käse gefüllte Tuch wird jetzt in die Form gepresst und mit Gewichten beschwert. Von nun an wird der Käse regelmäßig gewendet und in neue Käsetücher gepackt. Zum einem damit die Tücher nicht ankleben, aber viel wichtiger, damit die restliche Molke gleichmäßig austreten kann.

Alles Käse, oder was?

Was mir vollkommen unklar war: Verschiedene Sorten Käse entstehen nicht nur aufgrund von verschiedenen Zusatzzutaten wie Kräutern und unterschiedlich lange Lagerzeiten, sondern vor allem auch durch das Ausheben bei verschiedenen Temperaturen. Erwins Kräuterkäse bspw. wird bei 40 Grad abgeschöpft, für den Bergkäse braucht es 52 Grad. Und: Runde Form, runder Käse. Eckige Form, eckiger Käse.

Dann geht‘s ans Werkzeug und Sennerei putzen und das dauert. „Dreiviertel vom Käsen ist Waschen und Putzen.“, laut Erwin. Und das jeden Tag aufs Neue. Wer also Senn oder Sennerin werden möchte, dem sollte Abspülen auf jeden Fall nichts ausmachen.

Wichtig beim Käsemachen ist das Saubermachen!
©Tourismus Hörnerdörfer

Wichtig beim Käsemachen ist das Saubermachen!

Aber nicht nur um den neuen Käse will sich gekümmert werden. Einmal am Tag muss in der Schatzkammer – dem Käsekeller – auch der Käse der vergangenen Wochen mit Salzwasser eingerieben und gewendet werden. Da sind Muckis, Technik und Schnelligkeit eine gefragte Eigenschaft.

Nach dem letzten Wenden der heutigen Käselaibe werden die Käsetücher noch ausgewaschen bzw. ausgerieben und zum Trocknen für morgen aufgehängt. Und schon ist es wieder 19:30 Uhr, gemeinsam wird Brotzeit gegessen und ich frage mich: Wo ist eigentlich Tag 3 schon wieder hin verflogen?

Blogbeitrag von Stefanie Kiebler - Hörnerdörfer im Allgäu
©S. Kiebler

Stefanie

Blogautorin

Stefanie Kiebler ist eine von zwei Gewinnerinnen der Aktion "Senn auf Zeit" in den Allgäuer Hörnerdörfern. Sie darf eine Woche als Sennerin auf der Alpe Ornach verbringen und tatkräftig unterstützen. Stefanie ist eine Wahl-Münchnerin mit niederbayerischen Wurzeln und hat einen Bachelorabschluss in Medien & Kommunikation. Sie ist aufgewachsen in einer sportverrückten Familie, ist Naturliebhaberin und lässt sich für Projekte und Herausforderungen jeglicher Art begeistern.

Mehr Insiderwissen von der Sennerin auf Zeit auf der Alpe Ornach.

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