Wem die Berge Heimat sind

In der digitalisierten, schnellen und kurzatmigen Welt hat es das über Jahrzehnte Gewachsene schwer. Umso wichtiger ist es, Altes zu bewahren, es in seiner Bedeutung darzustellen und nachfolgenden Generationen zugänglich zu machen.

Veröffentlicht am 27.01.2022 - Text von Georg Larsch

Georg Larsch – Heimatkundler und Initiator des Skimuseums in Fischen
Georg Larsch – Heimatkundler und Initiator des Skimuseums in Fischen

Und wenn einer die so schützenswerten Dinge erhält, damit ihre Geschichte gegenwärtig wie für die Zukunft sichtbar macht und sich selbst dabei durch seine Heimatliebe ein starkes Fundament gibt, wenn er gleichzeitig andere mit dem Allgäu verbunden macht, motiviert, ebenso wie er für die Region Verantwortung zu übernehmen, wenn er deshalb so glücklich und zufrieden in sich ruhend ist und auch künstlerisch aus sich schöpfen kann, dann kann es sich nur um den Maler und Initiator des Skimuseums in Fischen handeln: Georg Larsch!

Das Heimathaus in Fischen, ein Aquarell von Georg Larsch
Das Heimathaus in Fischen, ein Aquarell von Georg Larsch

Schon von Kindesbeinen an habe ich mich viel mit dem Thema Heimatkunde und Geschichte befasst und dort in der Schule immer Bestnoten gehabt“, erzählt Georg Larsch und schmunzelnd ergänzt, das sei in den anderen Fächern nicht unbedingt so gewesen.

Es ist schon erstaunlich, was der gebürtige Allgäuer bereits als Junge auf eigene Faust unternahm. So fuhr er gleich mit seinem ersten Fahrrad sämtliche Burgen und Ruinen der Region ab. „Alles aus Eigeninteresse“, betont Larsch, „denn früher wollte ich mal Archäologe werden.“ Dass daraus nichts wurde, liegt auch an seiner Heimatverbundenheit: „Dazu hätte ich ja aus dem Allgäu weggehen müssen!“ Stattdessen fing er mit ein paar Freunden in den alten Ruinen „das Graben“ an. „Außer ein paar Scherben haben wir aber nie etwas gefunden.“ Trotzdem – sich mit der Historie zu beschäftigen ist bis heute seine große Leidenschaft!

Blick ins Atelier von Georg Larsch
Blick ins Atelier von Georg Larsch

Erhalten und bewahren

Schöne alte Dinge, die begleiten Georg Larsch auf Schritt und Tritt, und dazu zählt ganz gewiss sein Zuhause in einem urigen Bauernhaus! „Ich habe ja den größten Teil meiner Kindheit bei den Großeltern verbracht, die in einem richtig alten Haus lebten, und das hat meine Begeisterung für das Alte sicher mit geprägt“, vermutet er. „Deshalb war es ein großes Glück für mich 1990 ein altes Bauernhaus kaufen zu können, auch weil die Gemeinde jemanden suchte, der es erhalten kann.“ Dieses Haus herzurichten und dafür zu sorgen, dass es unter Denkmalschutz gestellt wurde, sei ein Herzenswunsch gewesen.

„Meine Frau hat alles mitgemacht!“, erzählt er warm. Und so wohnt das Ehepaar Larsch dort nun zusammen mit Tochter samt Familie. „Im Stallgebäude habe ich mein Atelier“, erwähnt „Schorsch“ Larsch noch, denn der gelernte Werbegestalter ist auch ein passionierter Maler vorzugsweise beeindruckender Landschaften, und davon gibt es im Allgäu wohl mehr als genug. „Es ist schön, wenn die Enkel beim Opa mit zum Malen sind“, freut sich der Großvater.

Alte Dinge zu bewahren und anderen zugänglich zu machen, ist etwas, das Georg Larsch am Herzen liegt
Alte Dinge zu bewahren und anderen zugänglich zu machen, ist etwas, das Georg Larsch am Herzen liegt

Das Lieblingsprojekt

Glück, das empfindet der Mann aus Fischen auch, wenn er an sein Lieblingsprojekt denkt. Im Heimatort ein Skimuseum aufzubauen, das passte ideal. Und es war seine Idee! „Ich war mal im Gemeinderat tätig, zu der Zeit, als das Kurhaus gebaut wurde“, berichtet er, und darin sei ein großer Raum mit eingeplant worden, der aber jahrelang leergestanden habe. „Keiner wusste so recht, was da rein sollte, und als ich dann mit ein paar Freunden im Skimuseum in Oslo war, kam mir spontan die Idee: Das brauchen wir auch!“

Ski und Schuh von Skipionier Heimhuber – eine kunstvolle Darstellung fürs Skimuseum von Georg Larsch
Ski und Schuh von Skipionier Heimhuber – eine kunstvolle Darstellung fürs Skimuseum von Georg Larsch

Für den Allgäuer, dem das Skifahren immer schon ein Genuss war, passte einfach alles: der Bezug zur Heimat, das Thema Ski für die Wintersportregion, dazu Altes und Historisches, was er so sehr mag. Offensichtlich wusste Larsch mit seiner Begeisterung sofort zu überzeugen. „Als ich damals heimkam und im Gemeinderat davon erzählte, wurde es gleich in der nächsten Sitzung einstimmig beschlossen“, erinnert er sich noch lebhaft.

Danach stürzten sich Larsch und seine Mitstreiter in die Arbeit, sodass 1994 das Skimuseum im Kurhaus eröffnet werden konnte und dort auch ein paar Jahre blieb. „Die Gemeinde hat dann 1999 ein altes Bauernhaus gemietet, in dem das Museum seither zusammen mit dem Heimatmuseum ist.“ Schwerpunkt dort sei aber schon das Skimuseum.

„In so einem schönen alten Haus bietet es sich ja geradezu an, auch noch andere alte Dinge zu erhalten und möglichst vielen Menschen zu zeigen.“ Immer noch bringen Leute das eine oder andere alte Stück vorbei, denn es gilt: „Bevor ihr es wegwerft, zeigt es uns!“

FIS-Skimuseum

„Schorsch“ Larsch ist mit der Entwicklung sehr zufrieden. Inzwischen sei das Museum ein Aushängeschild von Bedeutung weit über die Region hinaus. „Wir dürfen uns seit 2005 ‚FIS Skimuseum’ nennen, eine Auszeichnung, die vom Internationalen Skiverband nur rund 30-mal auf der ganzen Welt vergeben wurde“, berichtet er stolz. Um überhaupt erst mal an interessante Exponate zu kommen, wurde zu Beginn im Dorf eine Sammelaktion gestartet, die sehr erfolgreich war.

Skifahrten in historischer Kleidung sind Höhepunkte in jedem Winter.
Georg Larsch ist der zweite von rechts
Skifahrten in historischer Kleidung sind Höhepunkte in jedem Winter. Georg Larsch ist der zweite von rechts

„Anfangs ging die Organisation des Museums noch von der Gemeinde aus“, schildert Larsch, „doch 1999 haben wir den ‚Förderverein Fischinger Heimathaus’ gegründet, der sich seither um alles kümmert.“ Dabei ist es vor allem gelungen, die Geschehnisse von den Anfängen bis heute darzustellen. „In der Umgebung gibt es viele bekannte oder noch aktive Skiathleten, die hier mitmachen“, begeistert sich Georg Larsch, „aber wir haben zum Beispiel auch die Original-Skier der Brüder Heimhuber, und mit einem Beamer zeigen wir die tollen Fotos von damals.“

Das sei sehr interessant, für Gäste wie auch für die Einheimischen. „Fritz und Eugen Heimhuber aus Sonthofen haben als Skipioniere und Fotografen schon in jungen Jahren begonnen, die Anfänge des Skifahrens in Bildern festzuhalten, und dies für das ganze Oberallgäu“, schwärmt Georg „Schorsch“ Larsch. „Das gibt es sonst kaum in einer Gegend!“

Alles passt perfekt

Ganz sicher profitiert das Museum aber auch von den vielen internationalen Skisportveranstaltungen, die im Raum Oberstdorf stattfinden. „Wir haben immer wieder Reporter aus dem Ausland hier, darunter auch Japaner und Skandinavier“, weiß der Museums-Macher. „Während der ‚Tour de Ski’ 2017 kam mal ein Reporterteam in einer Wettkampfpause vorbei, und die haben später zwischen den Sportbeiträgen als ‚Lückenfüller’ eine Dreiviertelstunde über das Museum berichtet – das war natürlich etwas Besonderes!“ Über die rund 2.000 Besucher im Jahr freut sich Georg Larsch ebenso. „Die Arbeit passt einfach gut zu mir und meinen Interessen, und durch meine Tätigkeit als Grafiker kann ich mich auch noch weiter einbringen“, betont Larsch, der zum Beispiel alle Beschriftungen selber macht. „Da kann man viel Geld sparen!“

Ein neues Exponat für das Skimuseum. Georg Larsch (li.) und Skisprunglegende Toni Innauer (re.) vor dem Museum
Ein neues Exponat für das Skimuseum. Georg Larsch (li.) und Skisprunglegende Toni Innauer (re.) vor dem Museum

Mit der Heimat, den Bergen und dem Skimuseum verbindet den sympathischen Allgäuer auch seine sportliche Seite. „Alle Kinder stehen hier von Anfang an auf Skiern, und das war bei mir genauso: Sobald der erste Schnee gefallen war, gab es kein Halten mehr“, erzählt der heute fast 72-Jährige lachend. „Wenn es frisch verschneit ist, dann ist es einfach herrlich, dann kann ich mir nichts Schöneres vorstellen.“

Viele Jahre sei er zum reinen Zeitvertreib Ski gefahren. „Doch durch das neue Material ist alles so schnell geworden. Da habe ich mir gesagt: dem Risiko stelle ich mich nicht mehr!“ Ganz anders geht es zu, wenn das Museum ein historisches Skifahren organisiert. „Dabei tragen die Leute die Kleidung von damals und benutzen auch das alte Material – das ist immer ein riesen Spektakel mit Tausenden von Zuschauern, und die Fernsehteams wollen auch immer etwas davon sehen.“

Perfektes Vereinsleben

Im Sommer ist Georg Larsch viel mit dem Rad unterwegs, betätigt sich seit einigen Jahren zudem als Ortsarchivar und findet neben der Museumsarbeit auch noch Zeit, sich in einer Jodlergruppe zu engagieren. „Das mit dem Jodeln passt gut“, versichert er, „denn dabei wird der Allgäuer Dialekt gepflegt.“

Was für ihn zählt, sind die große Dorfgemeinschaft und der gute Zusammenhalt, in dem das Vereinsleben sehr gut funktioniert. Das hätte sich auch wieder bei der Gründung des Heimathausvereins gezeigt: „Wir haben dafür alle Firmen und Vereine angesprochen, und viele machen mit!“

Immer aber braucht es dazu Menschen wie „Schorsch“ Larsch, die die Initiative ergreifen und andere motivieren, sich ebenfalls einzubringen. Zu Recht erhielt er deshalb das Ehrenzeichen des Bayerischen Ministerpräsidenten für Verdienste im Ehrenamt, doch das war dem bodenständigen Allgäuer, den offenbar ein besonders starkes Heimatgefühl prägt, gar nicht so wichtig.

„Es war schön, obwohl ich auf so etwas eigentlich nichts gebe“, sagt er bescheiden, denn vor allem hofft er darauf, dass nach ihm einmal andere seine Arbeit fortführen. „Die Gemeinde ist ja mit fünfzig Prozent am Museum beteiligt, so dass es bestimmt einen Weg geben wird“, meint er zuversichtlich, um ein knappes, aber rundum positives Fazit zu ziehen: „Es passt!“

Das Engagement in der Jodlergruppe ist für Georg Larsch (li.) eine Möglichkeit, Traditionen zu bewahren.
Das Engagement in der Jodlergruppe ist für Georg Larsch (li.) eine Möglichkeit, Traditionen zu bewahren.

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