Ostern im Allgäu – Eierfärben nach alter Tradition

Griaß di, Mensch! Heute zeige ich Dir, wie man Eier färbt. Ohne Tränen.

Veröffentlicht am 14.04.2022 - Text von Vroni

Ostern zur Frühlingszeit im Allgäu
Ostern zur Frühlingszeit im Allgäu

Moment jetzt, ich weiß ich schon, Du denkst grad: „Wieso sollte ich beim Ostereierfärben weinen? Ostern ist doch ein Fest der Freude, eine Feier des Lebendigen, Ostern ist Frühlingsspaziergang und In-die-Sonne-Blinzeln!“ Alles richtig, aber ich zeige Dir, wie man Ostereier nach altem Brauch färbt. Mit Zwiebeln!

Früher war das eine richtige Kunst – von wegen: Packung auf, Farbtablette ins Wasser, drei Mal umgerührt und fertig ist das Eierding. Nein, nein, früher waren Eier ein kostbares Gut das man sich die Fastenzeit über für Ostern, also für den höchsten christlichen Feiertag, aufgehoben hat. Zur Speisenweihe in die Osternacht bringt man noch heute ein Körbchen mit Brot, Osterlamm (natürlich in der puderzuckersüßen Kuchen-Version), Kräutern und: Ostereiern. 

Kunst kommt vom Kennen

Es heißt man habe früher die gekochten Eier nur eingefärbt, um sie von den rohen unterscheiden zu können, also um sie zu kennzeichnen – aber ich denke, dass man schnell gemerkt hat, was für eine unglaubliche Kreativität sich bei einem Ei entfaltet. Diese Form! Diese Symbolik! Diese zerbrechliche Oberfläche! Na, und dann war es nur noch ein Katzensprung vom Hühnerstall zum Fabergé-Ei oder aber zu den – wir wollen doch beim Thema bleiben – Zwiebeln.

Zwiebel

nein, besser in Rot …

Rote Zwiebel

 … und davon braucht man nur die trockenen Schalen. Deshalb ja – es sei hiermit verraten: ganz ohne Tränen. Die brüchigen Zwiebelschalen reichen völlig aus. O jeh – ich hätte Dich besser vorgewarnt. Es ist nie verkehrt, oder eigentlich sehr zu empfehlen, so ab Neujahr und allerspätestens ab Ende Fasching mit dem Sammeln der roten Zwiebelschalen anzufangen.

Zwiebeln geschält

Aus den Zwiebelschalen kocht man sich nun einen schönen Sud – will heißen: Viele, viele Schalen auf einen knappen halben Topf voll Wasser. Wenn man zu wenig Schalen zusammen hat, darf man mit einem Beutel Rooibusch- und Schwarztee nachhelfen. 

Außerdem sind folgende Zutaten nötig:

Ostereier Färben Zutaten

im Uhrzeigersinn:

  1. weiße, oder ganz helle (Bio-)Eier 
  2. Kräuter, Gräser, kleine Blüten 
  3. Feinstrumpfhosen oder -söckchen (es wird zwar alles abgekocht, aber falls Du die Eier verschenken willst: Bitte alte Strümpfe vorher ordentlich waschen, gell?)
  4. Butter oder Schmalz oder eine Scheibe Speck zum Einreiben
  5. Bindfaden
  6. Teebeutel mit rotem oder schwarzem Tee zum „Mogeln“, soll heißen: zur Farbverstärkung
  7. Essig oder Essigessenz

… und jetzt der Reihe nach…

Ostereier färben

Man nehme eines der der Eier vorsichtig in die Hand und reibe es mit einem in Essig getränkten Tuch ab (damit es später die Farbe besser annimmt). Also mit Essig abreiben… Vorsicht, hab ich gesagt!

Oi, oi,oi, du dickes Ei!

Ostereier färben

Tja, das wird kein Osterei mehr. Aber die Schale sollte man waschen und aufheben, genau wie ein paar Schalen mehr, die vielleicht beim Backen anfallen – warum es lohnt, siehst Du unten…

Ostereier färben

 

Ostereier färben

Ostereier färben

Nimm ein Ei, wähle ein Kräutlein. Kraut, Gras oder Blüte sollten feucht sein (in Wasser tauchen oder ablecken, wie eine Briefmarke). Dann platziert man das Gewächs auf dem Ei und zieht den Strumpf langsam darüber. Besonders schön werden…

  • Petersilie
  • Kerbel
  • Löwenzahn (Blüte und junge Blätter)
  • Giersch 
  • kleine Kleeblätter
  • Scharbockskraut
  • Wiesenschaumkraut
  • einzelne Grashalme 
  • alle kleinen, gezackten Blätter 

Kein Garten, keine Idee was wo wie gesammelt werden könnte? Einfach die Kräuterfrauen der Hörnerdörfer fragen, die kennen sich aus.

Ostereier färben

Mit einem Zahnstocher oder einer Stopfnadel kann man den feinen Blättchen noch von „außen“ den richtigen Schwung verpassen oder umgeknickte Blüten geraderücken. Besser beide Handgelenke aufstützen, denn das ist eine fizzelig filigrane Arbeit.

Jetzt nur noch das Strumpfstück straff nach hinten ziehen, verdrehen und mit Faden zubinden. Durch das Drehen zieht sich der Stoff gleichmäßig fest und hält das Blattornament an Ort und Stelle.

Ostereier färben

Ostereier

Anschließend legt (!) man die Eier in den Zwiebelschalensud, drückt sie sanft unter Wasser und schaltet die Temperatur hoch. Bitte nur langsam erhitzen und nicht in bereits kochenden Sud geben, sonst bilden sich Risse. Gekocht wird hier natürlich nicht nach der Drei-Minuten-Regel, sondern solange, bis die gewünschte Farbintensität erreicht ist – das hängt von der Sättigung des Zwiebelsuds ab und davon, ob man scharfe Konturen oder aquarellhafte Schemen erreichen möchte. Außerdem hat das Ei selbst auch noch ein Wörtchen mitzureden. Biofutter, Freiland oder Tageslaune der Legehenne – es ist nie ganz genau vorherzusagen, wie eine Eierschale die Farbe annehmen wird. Genau deshalb entstehen Kunstwerke: Überraschend, einmalig, wunderschön.

Ostereier färben

Ostereier färben

Nach spätestens 15 Minuten hebt man die Eier aus dem zwiebligen Sud. Einzeln und mit ruhiger Hand und alle Brillentragenden seien gewarnt: Das ist eine dampfige Angelegenheit.

Ostereier färben

Sobald ein Ei auf dem Trockenen ist (farbklecksunempfindliche Unterlage benutzen!) schnell mit der Schere den Knoten aufschneiden und Strumpf samt Kraut abstreifen. Bitte keinesfalls erst alle Eier aus dem farbigen Wasser heben. Sobald die Gräserstempel antrocknen (und das geht schnell bei kochend heißen Eiern!) sind sie nur mit Mühe zu entfernen und hinterlassen meist unschöne grüne Striemen. Also: Ei raus, Ei auspacken, Ei auf ein sauberes Tuch zum Abkühlen legen.

Ostereier färben

Jetzt kommt der Glanz – ebenfalls möglichst schnell nach dem Auspacken werden die Eier mit einem glänzenden Überzug versehen, am besten so heiß man es eben noch aushält, beschmiert man sie mit Butter oder Speck und drapiert sie stolz in einem Moosnest.

Osternest

Osternest

Osternest

Osternest

Und wo versteckt man diese Eier am besten?

Vielleicht Löwenzahn bei Löwenzahn?

Osterei Löwenzahn

Ach ja übrigens! Die kaputten Eier, die Missgeschicke beim Färben, beim Jonglieren, beim Omelette oder die unzähligen Schalen der Osterbäckerei – sie sind nicht verloren. Sie schmücken sich mit ein paar Blümelein und Gräsern und reihen sich zu einem schönen Kranz. Der darf dann auch ruhig rund statt eiförmig sein, macht er sich doch hinreißend auf dem Ostertisch.

Osterdekoration

Osterdekoration

Schau, mein lesender Mensch, jetzt weißt Du, dass Zwiebeln an Ostern kein Grund für Tränen sind – sondern die Farbe liefern für eine alte, große Kunst. Und weil es schön ist und weil es Spaß macht, empfehle ich Dir von Herzen, es mal auszuprobieren mit den Zwiebelbildern auf Eierschalen – schick mir Deine Kunst, ich bin gespannt, was bei Dir entstanden ist.

Osterei in der Wiese

Mach’s gut, lesender Mensch, und bleib glänzend bis zum nächsten Mal in Deinen Allgäuer Hörnerdörfern!

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